Ein kaiserlicher Gnadenakt war der Anlaß für
die erstmalige urkundliche Nennung der später so bedeutenden Reichsstadt
Nürnberg. Auf einem hier abgehaltenen Hoftag hat Kaiser Heinrich III. (1039
bis 1056) eine Leibeigene namens Sigena freigelassen. Der Kaiser hat damals
auf seinem Weg von Burgund nach Mitteldeutschland in Nürnberg Station gemacht.
Die Freilassung geschah auf Fürsprache des Leibherrn der Sigena namens
Richolf. Gemäß dem im Fränkischen Reich üblichen Rechtsbrauch
wurde dem Leibherrn (nicht der Leibeigenen!) als symboloischer Akt der Freisprechung
eine Münze aus der Hand geschlagen.
Die Freisprechung bedeutete für eine Frau auch, daß
ihre Kinder nicht mehr leibeigen waren, da die Leibeigenschaft über die
Mütter weitergegeben wurde. Daß der Kaiser selbst die Freilassung
vornahm, ist ungewöhnlich und kommt beinahe einer Erhebung in den Adelsstand
gleich. Es ist durchaus möglich, daß der genannte Adelige Richolf
sie heiraten und mit ihr legitime, freie und standesgleiche Kinder haben wollte.
Nach der damals freigelassenen Sigena ist heute in Nürnberg ein Gymnasium
benannt.
Die vorliegende Urkunde zählt zu dem relativ seltenen
Typ der Freilassungsurkunden (Denarialdiplome), von denen nur fünf im Original
erhalten sind.
In der letzten Zeile dieser Urkunde wird der Ort Nürnberg
in der Form "Norenberc" erstmals erwähnt. Das Wort leitet sich von nuorin
= steinig, felsig ab und ist daher als Steinberg, Felsberg zu erklären.
Wenn man den Nürnberger Burgfelsen betrachtet, ist diese Deutung durchaus
einleuchtend.
© Stadtarchiv Nürnberg
Signatur: StadtAN A 1 1050 Juli 16
Anmerkung zur Datierung:
Die Datierung "16. Juli" ergibt sich aus der Umrechnung aus dem römischen Kalender in unsere Zeit.
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