Die HMS Coreolanus (Coriolanus)

Die HMS Coreolanus gehört zu einem der Wracks in der Nordadria die gut beschrieben sind. Darum widme ich ihr hier eine eigene Seite. Die Daten stammen zum Großteil von Herwig Strauss und weiteren Quellen im Netz.

Bau und Geschichte der HMS Coreolanus

Die Coreolanus, obwohl als Kriegsschiff in der britischen Marine geführt, war eigentlich eine Notlösung. Sie war ein KFK - ein Kriegsfischkutter. Dieser eigenwillige Schiffstyp entstand aus dem Mangel an Tonnage für bestimmte Aufgaben innerhalb der Marine. Durch den "totalen U-Bootkrieg" der Deutschen verloren die Briten zu Anfang des Krieges weit mehr Schiffsraum, als sie nachbauen konnten. Das hatte zur Folge, daß vermehrt zivile Schiffe umgebaut und für militärische Aufgaben eingesetzt wurden. Die sogenannte "Shakespeare-Klasse", zu der auch die Coreolanus gehörte, hatte vielseitige Aufgabengebiete, die vom Minenleger über die U-Boot Jagd bis zu Aufklärungsfahrten reichten. Zusätzlich dienten sie dazu die Fischversorgung der britischen Inseln und ihrer kämpfenden Truppen auf dem gesamten Erdball sicherzustellen. "Shakespeare-Klasse" nannte die Admiralität diesen Schiffstyp, weil er Namen von Bühnenfiguren des berühmten Dramatikers trug. Coriolanus war ein römischer Patrizier, der, vom Senat verbannt, mit einem Heer des benachbarten Volkes der Volsker die Stadt Rom belagerte. Erst durch Bitten seiner Mutter ließ er sich davon abbringen.

Der Name dieses römischen Helden ist wie ein Symbol, denn HMS Coreolanus ist eines der ersten sogenannten Fischerboote, die von allen am Kalten Krieg beteiligten Seiten in großer Zahl ausgerüstet und eingesetzt wurden, gespickt mit dem modernsten Stand der Abhörtechnik, um den jeweiligen Gegner auf elektronischem Wege auszuspionieren.

Die HMS Coreolanus wurde Anfang 1940 gebaut und war bereits mit Erfolg in zwei Operationen im Verlauf des II.Weltkrieges eingesetzt worden: Operation "Torch" die Landung der alliierten Truppen in Afrika 1942, und Operation "Husky", die Invasion in Sizilien 1943. Im laufe dieser Missionen ist sie immer weiter verbessert und zusätzlich ausgerüstet worden. So hatte das Schiff ein Minenräumgeschirr und eine erweiterte Funkausstattung an Bord. Außerdem eine zweite "Brücke" im Heck des Schiffes, was für Spekulationen sorgte, ob es sich um ein Spionageschiff handelte. In beiden Operationen hatte das Schiff Kommunikations- und Verbindungsaufgaben wahrgenommen, bei der Landung in Afrika war es zur Sicherung der II. Landungsgruppe vor Oran eingesetzt; genaueres läßt sich bis heute nicht eruieren, die britischen Archive geben sich sehr verschlossen. Selbst auf den beiden einzigen Photos, die das Imperial War Museum besitzt, ist die Kennung des Schiffes am Bug wegretuschiert.

Die letzte Fahrt ins Unglück

Auch der konkrete Auftrag auf ihrer letzten Fahrt ist nicht restlos geklärt: Hatte die HMS Coreolanus die jugoslawische Küste zu überwachen, den Funkverkehr der neuen Herren auf diesem Teil des Balkans abzuhören, oder war sie auf dem Weg nach Norden, wo sich die Situation um Triest unmittelbar nach dem Kriegsende zuspitzte? Italien wie Jugoslawien erhoben Anspruch auf die Hafenstadt, deren Bevölkerung selbst den Status eines Freistaates anstrebte. Tatsache gemäß britischem Kriegstagebuch ist, daß die Coreolanus am 5. Mai 1945 auf einem "screening" - einer Kontroll- und Überwachungsfahrt war.

Was auch immer die Aufgabe Lt. Hunts war, er kam nicht mehr dazu, seinen Auftrag mit der HMS Coreolanus durchzuführen. Gegen 14:00 Uhr zerriß eine gewaltige Explosion die Luft. Das Schiff war auf eine Mine gelaufen und sank innerhalb weniger Minuten ca. 6 Meilen vor Novigrad/Cittanova. Über Opfer liegen keine Daten vor, italienische Taucher wollen aber Anfang 1995 noch menschliche Überreste im Wrack gefunden haben. Als Ursache des Unterganges wurde zunächst ein Torpedotreffer kolportiert, die britischen Quellen sprechen jedoch ganz klar von einer Mine. Auch die Lage des Lecks nahe dem Schiffsboden läßt diese Version wahrscheinlicher erscheinen.

Die Untergangsstelle wurde später von der Volksrepublik Jugoslawien zum militärischen Sperrgebiet erklärt, und erst seit dem Spätsommer 1994 ist es möglich, das Wrack zu betauchen.

Derzeitiger Zustand und Tauchen am Wrack

Eine kleine Boje kennzeichnet die Position. 29 Meter tief ist der Meeresgrund, und aus 15 Metern Tiefe erkennt man bei guten Sichtverhältnissen die Umrisse des Schiffes. Etwa 50 Meter ist das Wrack lang und 8 breit und steht aufrecht auf flachem Sandgrund. Durch ihre relativ geringe Größe ist sie in ihrer Gesamtheit gut zu erkennen und für viele Taucher ist sie die Erfüllung eines Traumes, ein Wrack wie aus dem Bilderbuch. Die Bojenleine ist am Vorschiff befestigt, ganz in der Nähe der beiden vorderen Maschinengewehrstände. 3 MGs (Bordgeschütze) hatte die "Shakespeare-Klasse", wenig genug für die Selbstverteidigung und für den Angriff gänzlich ungeeignet. Zu diesem Zweck dienten wohl die Wasserbomben, von denen sich noch einige in den Laderäumen finden. Munitionstrommeln liegen in den MG-Ständen, und überall sehen wir Reste alter Fischernetze.

Am Vorschiff sind die Beschädigungen am stärksten und das eingebrochene Deck läßt die Stelle der Explosion erahnen. An der Bordwand steuerbords herrunter und sieht man schon von weitem das klaffende Dunkel, das die Monotonie der Stahlwand unterbricht. Ein fast kreisrundes Loch, 2 Meter im Durchmesser, hat die Mine gerissen - die Coreolanus hatte keine Chance. Die Öffnung ist sehr eng. Man kann jedoch durch das Loch in den völlig zerstörten Innenraum gelangen. Armdicke Stahlträger, verbogen zu irrwitzigen Skulpturen, zentimeterdicke Platten, zerrissen wie Papier. Von hier gibt / gab es einen Weg durch die tödlichen Netze zum Vorschiff. Auf Grund der Enge ist das Eindringen durch die Öffnung der Minenexplosion jedoch nicht zu empfehlen.

Auf dem Vordeck ist ein offenes Schott, das geradewegs in den Bug führt. Im Schein einer Lampe entdeckt man einen Raum von 4 x 4 Meter. Rechts und links Toiletten in abgetrennten Nischen. In der Mitte ein Abgang zu den unteren Decks.

Vorbei an der Brücke führt sowohl backbord als auch steuerbord ein schmaler Gang nach achtern. Von diesen Gängen aus führen immer wieder Abgänge in untere Abteilungen des Schiffes auftun , die aber zu eng sind, um auf diesem Weg nach innen zu gelangen.

Am Heck sieht man die riesige Schraube. Links und rechts von den Bordwänden hängen Netze die für einen Taucher gefährlich werden können. Am Heck sieht man den Heck-MG-Stand. Von dort aus nach vorne sieht man über einen Trümmerhaufen, der einst Schornstein und Aufbauten war. Am Heck selbst ist eine Luke im Boden. Hier ist ein riesiges hölzernes Steuerrad an einem gut erhaltenen Fahrstand - die geheime Brücke. Aufgrund der Enge und der Rostpartikel ist hier das Tauchen nicht ungefährlich, da die Sicht sehr schnell auf Null sinken kann.

Der Rumpf des Wracks ist bis auf das Minenleck zwar noch intakt, aber die Explosion hat sich wohl nach oben entladen und hat einen Großteil der Aufbauten mittschiffs weggerissen. Der Schornstein liegt quer über dem Wrack. Sein Inneres dient als Brutstätte für Pakete von Tintenfisch-Eiern. Es ist aber noch genug Platz um durchzutauchen. Auf den Resten der Brücke sieht das Steuerrad mit Messingnabe und den Maschinentelegraphen. Etwas weiter achtern ist ein Laderaum in dem nur einige Fässer lagern. Am achteren Aufbau liegt eine große Winsch. Dort in der nähe liegt noch eine Ladeluke die offen steht oder sich öffnen läßt. Leider ist weder dort noch an anderen Stellen etwas von elektronischen Geräten, wie sie zur Spionagetätigkeit benutzt wurde, zu sehen. Der Schiffsbauch ist weitgehend leer, die jugoslawische Marine hat wahrscheinlich die vergangene Zeit genutzt und reinen Tisch gemacht. Nur die leere Schiffshülle ist zurückgeblieben und dient nun als Lebensraum für eine Vielzahl der unterschiedlichsten Meereslebewesen. Die von aussen zugänglichen Gänge sind sind mit Netzen verhängt, in denen sich Mollusken und Krustentiere angesiedelt haben. Die zugänglichen Niedergänge, die in den Bauch des Wracks führen, sind jedoch verschlickt , sodass die Sicht sehr schnell weg ist und ohne Führungsleine ist es hier zu gefährlich, ins Innere zu gehen. Zusätzlich ist es da drin schon sehr eng!

Seit dem 25.05.1999 ist das Wrack nur mehr mit einer Zusatzgenehmigung der kroatischen Regierung zu betauchen.

Technische Daten

Name HMS Coreolanus (Coriolanus) Schiffstyp Umgerüsteter Schiffskutter
Koordinaten N45°19'11"
E13°23'25"
Größe ca. 55 m lang
8 m breit
Tiefe 19 - 29 m
Ort 6 Meilen vor Novigrad / Cittanova (Nordadria) Gesunken 05.05.1945 Baujahr 1940
Kommentar: - Tauchgänge 0
Durch ihre relativ geringe Größe ist sie in ihrer Gesamtheit gut zu erkennen und für viele Taucher ist sie die Erfüllung eines Traumes. Die riesigen Fischschwärme (Dorsche), die Conger, Hummer, der Bewuchs an Mollusken und die vielen Lebewesen im Makro-Bereich, die dieses Wrack bevölkern, machen es für uns zu einem der derzeit lohnendsten Tauchziele in der oberen Adria. Details zum Wrack findet man bei "Derzeitigen Zustand und Tauchen am Wrack".
Karten und Skizzen:
WrackCoreo.JPG


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